Asbest war als Baustoff äußerst beliebt, nicht nur weil es eine große Festigkeit besitzt, hitze- und säurebeständig ist, sondern auch sehr gute isolierende Eigenschaften aufweist. Zwar wurde bereits um die Jahrhundertwende 1900 die Asbestose als Krankheit entdeckt und 1943 Lungenkrebs als Folge von Asbestbelastungen als Berufskrankheit offiziell anerkannt, aber es dauerte doch bis zum Jahr 1993, bis in Deutschland die Herstellung und Verwendung von Asbest verboten wurde.
Von Asbest und seinen Produkten wie beispielsweise Asbestzement gehen besondere Gefahren für Leben, Gesundheit und Umwelt aus. Daher darf keinesfalls der Arbeitsschutz ignoriert oder nur zu Teilen berücksichtigt werden. Die verlockenden Einsparungen für den späteren Betreiber oder der Installationsfirma können schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Insbesondere können strafrechtliche Schritte sowie hohe Geldbußen verhängt werden.
Die momentane Rechtslage
- Das Anbringen von Solaranlagen auf Asbestzementdächern fällt laut den technischen Regeln für Gefahrstoffe - TRGS 519 unter das Verwendungsverbot nach § 18 Abs. 1 der Gefahrstoffverordnung, da es sich hierbei nicht um ASI-Arbeiten (ASI = Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten) handelt. Das gilt nicht nur für eine normal auf einer Unterkonstruktion montierten Photovoltaikanlage, sondern ebenfalls für eine aufgeständerte Anlage.
- Laut Chemikaliengesetz § 27 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 bis 4 wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig asbesthaltige Gefahrstoffe verwendet.
Wie wird die Rechtslage begründet?
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Im Gegensatz zu einer Demontage des gesamten Daches, müssen bei der Installation einer Solaranlage staubintensive Arbeiten durchgeführt werden, die umfangreiche Freisetzungen von Asbestfasern nach sich ziehen.
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Bei der Errichtung der Anlage können Platten brechen oder Risse bekommen.
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Da seit 1993 die Verwendung von Asbest verboten ist, ist ein Asbestzementdach mindestens 17 Jahre alt, viele Dächer sind noch viel älter. Diese sind meist bereits stark in Mitleidenschaft gezogen. Da man bei Photovoltaikanlagen von einer Mindestlaufzeit von 20 Jahren ausgeht, wäre so ein Dach nach Ablauf der Amortisationszeit bereits älter als 37 Jahre.
Eine Neubeschichtung ist nicht erlaubt, die Erosion dürfte durch den geringen Abstand der Dachhaut zu den Modulen aufgrund der höheren Windgeschwindigkeiten (Kamineffekt) sogar noch erhöht sein. Schlimmstenfalls müssten die Module vor dem Ablauf der 20 Jahre vom Dach demontiert und auf einem neuen Dach wieder montiert werden.
Können Ausnahmegenehmigungen beantragt werden?
Nach der novellierten Gefahrstoffverordnung, die seit 01.12.2010 in Kraft ist, ist für das Anbringen von Photovoltaikanlagen auf Asbestzementdächern bzw. für eine Überdeckung keine Ausnahmegenehmigungen mehr möglich. Behördliche Ausnahmen können im Einzelfall nur von den Pflichten nach den §§ 6 bis 15 der Gefahrstoffverodnung erteilt werden.
Die Herstellungs- und Verwendungsverbote für Asbest stehen jedoch in § 16 der Gefahrstoffverordnung und beziehen sich auf Art. 67 i. V. m. Anhang XVII der REACH-Verordnung. Im Anhang II der Gefahrstoffverordnung findet sich noch eine besondere deutsche Regelung zu Asbest. Danach sind nur Abbruch- Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten zulässig. Aufständerungsarbeiten zur Montage von Photovoltaikanlagen auf Asbestzementdächern sind verboten.
Richtiger Umgang mit asbesthaltigen Gefahrstoffen
- Durchführung der Arbeiten ausschließlich durch anerkannte Fachbetriebe mit geeignetem Personal und sicherheitstechnischer Ausrüstung. Es muss mindestens eine weisungsbefugte, sachkundige Person mit Sachkundenachweis gemäß TRGS 519 vor Ort sein.
- Die durchzuführenden Arbeiten müssen mindestens sieben Tage im Voraus der Gewerbeaufsicht sowie der Berufsgenossenschaft schriftlich mitgeteilt werden.
- Die Arbeiternehmer müssen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen unterzogen werden (nach Grundsätzen G1.2 und G 26)
- Der Arbeitgeber muss einen Arbeitsplan, eine Betriebsanweisung sowie eine Gefährdungsbeurteilung erstellen und dokumentieren und die Arbeitnehmer anhand dieser Unterlagen unterweisen.
- Es ist eine PSA (Persönliche Schutzausrüstung) zu tragen. Darunter fällt ein Schutzanzug sowie eine Atemschutzmaske. Außerdem besteht Rauch-, Ess-, Trink- und Schnupfverbot während den Arbeiten beziehungsweise am Arbeitsplatz.
- Es müssen besondere, umfangreiche Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz getroffen werden, da Asbestzementdächer als nicht begehbar eingestuft sind.
- Zuletzt fallen auch noch Gebühren an, die sich nach dem Aufwand der Behörde richten.
Asbestsanierung ist bei Photovoltaik Vorhaben die einzige Lösung
Wenn man jetzt alle Punkte mit wachsender Begeisterung gelesen hat, stellt sich die Frage, wie es weitergehen könnte, um doch noch in den Genuss einer Photovoltaikanlage auf dem Gebäude zu kommen. Die Antwort dürfte ziemlich eindeutig sein:
Bereits in der Planungsphase sollte ein Fachmann kontaktiert werden, der sich mit der zuständigen Gewerbeaufsichtsbehörde in Verbindung setzt und die weitere Vorgehensweise unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile abklärt. Es ist dringend zu empfehlen, das Asbestdach durch eine qualifizierte Firma demontieren zu lassen und durch eine neue Dacheindeckung zu ersetzen. Dann kann man mit ruhigem Gewissen auf eine lange währende, zukünftige Laufzeit der Fotovoltaikanlage blicken.
Weitere Faktoren, die die Eignung eines Daches für eine Photovoltaik Anlage betreffen, finden Sie im Hauptkapitel.